Groß und Klein

Neubau von zwei Einfamilienhäusern  |  geladener Wettbewerb  |  Planung und ÖBA  |  Auftraggeber*in: privat  |  2013  |  Wien

 

Statik, hkls-Planung: rwt+

 

Baumeister Fa Jäger, St.Pölten  |  Holzbau Fa Graf-Holztechnik, Horn  |  Glasfassade & Fensterbau Fa Hessl, Tragwein  |  Bautischler Fa Möbel Zottel, Alberndorf  |  Holzfußboden Fa Kucher, Neulengbach  |  Bodenbeschichtung Fa Ortner, Wien  |  Fliesen Fa Hier, Vorau  |  Maler Fa Janda, Wien  |  Installateur Fa Scheu, Neckenmarkt  |  Elektriker Fa Hatec, Texing  |  Ofensetzer Fa Ofenkörper off&go, Wien  |  Innentextilien Fa Kohlmaier, Wien  |  Schwimmteich Fa Biotop, Weidling

 

Photos: Gisela Erlacher



Die beiden angrenzenden Grundstücke liegen in einem ruhigen Wohngebiet umgeben von Kleinhäusern und Kleingartenhäusern. Die Bebauung beider stellt ein Ensemble dar und ist ein Zuhause für eine Familie über 3 Generationen.

 

Der Freiraum spielt in der räumlichen Anordnung von Hauptwohnhaus und Nebenwohnhaus eine wichtige Rolle. Es ist der Raum zwischen den Häusern, der ausgleicht, gewichtet und verbindet. Der Hof ist teilweise überdacht, hier wird schnell geparkt, von einem Haus zum anderen gegangen, die Freunde werden empfangen und verabschiedet, die Nachbarn gegrüßt. Ein Baum bildet das Zentrum des Hofes und verbindet die Häuser. Terrassen und Balkone finden sich rund ums Haus auf unterschiedlichen Ebenen. Eine besondere Rolle übernimmt die Terrasse im Osten. Sie ist die Verbindung von beiden Häusern, der Treffpunkt für Groß und Klein, die Küche im Sommer und das Sprungbrett ins kalte Nass.

 

Die Gebäude sind vollständig unterkellert und mit einer Fundamentplatte und aufgehenden Kellerwänden aus Dichtbeton gegründet. Ab dem Erdgeschoßniveau wurde in Holzmassivbauweise gearbeitet. Die Außenwände, tragende Innenwände und Decken bestehen aus Brettsperrholzelementen. Das Dach ist als Holzleichtbaudach in Sandwichbauweise vorgesehen. Nicht tragende Innenwände sind Ständerwände, die, wie alle Innenwände, mit Lehmbauplatten beplankt sind. Das Gebäude ist mit hinterlüfteten Faserzementplatten in unterschiedlichen Weißtönen verkleidet. Markante Bauteile, wie die vorstehenden Erker und die durch Vordächer gerahmte Südfassade im 1. Obergeschoss sind farblich dezent abgesetzt, um die Gliederung des Baukörpers zu unterstreichen und in ihrer plastischen Wirkung zu betonen.

 

 

Wo ist das Holz?

Überlegungen dazu von RAHM architekten Feb 2014

 

Auch wenn es weder außen noch innen sichtbar wird, sind die Außenwände, die tragenden Innenwände und die Decken der Häuser „Groß & Klein“ ab der Decke über Keller aus Holz gebaut. Ausgenommen davon ist die Feuermauer von „Klein“ zum Nachbargrundstück. Denn diese muss laut Wiener Bauordnung konstruktiv aus nicht brennbarem Material sein. Bei den verwendeten Holzbauelementen handelt es sich konkret um kreuzweise verleimte Brettsperrholzplatten in den Stärken 9,5 bis 16,0 je nach statischer Beanspruchung. Im Innenraum sind diese Wände und die Deckenuntersichten mit Tonputz verkleidet. An der Außenfassade finden sich über der Wärmedämmung aus Steinwolle vorgehängte, weiße Faserzementplatten unterschiedlicher Oberflächenstrukturen.

 

Warum dann überhaupt Holz als Baustoff, wenn es ganz versteckt bleibt?

Dafür gibt es unterschiedliche Argumente. Holz ist bei gleicher Tragfähigkeit leichter als Stahl, hat annähernd die gleiche Druckfestigkeit wie Beton, kann im Gegensatz zu diesem aber auch Zugkräfte aufnehmen. Positiv bemerkbar macht sich diese Qualität in der Umsetzung auch durch schlanke Dimensionierung der Bauelemente. Gemeinsam mit der wärmedämmenden Eigenschaft des Holzes aufgrund eines hohen Hohlraumanteils können so hochwertige Wandaufbauten geschaffen werden, die eine hohe Energieeffizienz ermöglichen ohne in der Wohnnutzung Fläche einzubüßen. Bei dem umfassenden Raumprogramm und der beschränkten, bebaubaren Fläche von 150m2 kämpft man als PlanerIn um jeden wertvollen Zentimeter. Holzmassivwände haben einen hohen Vorfertigungsgrad und der Rohbau wird auch aufgrund der leichten Bearbeitbarkeit innerhalb weniger Montagestunden errichtet. 2 Wochen brauchten beide Häuser bis sich die Bauleute in einem 1:1 Vorabmodell ihres Hauses bewegen konnten. Auch wenn dann eine lange Phase des Innenausbaus folgte, war dieser Zeitgewinn ein Pluspunkt für den Entscheidungsprozess der weiteren Gestaltung. Auch wenn die Proportionen noch ver-rückt waren, hat das Baumaterial Holz immer schon einen wohnlichen Charakter und bildet für die Bauleute eine realistische Unterlage für die Formung ihres Eigenheims.

 

In unserem Fall schafft Holz gerade in der Verbindung mit dem Tonputz ein wunderbares Raumklima. Es scheint fast so, als ob die, über die Jahre gesammelte, Sonnen- und Luftenergie jetzt wieder freigegeben wird. Der Baum bindet vorhandenes Kohlenstoffdioxyd (CO2) und wandelt es in kostbaren Sauerstoff um. Als nachwachsender Rohstoff schafft der Baum Lebensqualität in unserer unmittelbaren Umgebung und als Baumaterial schafft das Holz eine angenehme Wohnatmosphäre.

 

So gesehen hat Holz viele Vorteile über die anerkannt sinnlich wahrnehmbare, haptische Qualität hinaus. Ein verantwortlicher Umgang mit natürlichen Ressourcen und die direkte Auswirkung auf eine gesunde Umwelt drängen die Verwendung von Holz als Baustoff, die seinen Möglichkeiten entspricht, förmlich auf.